
Wenn man an Thailand denkt, kommt einem als eines der ersten Dinge die berühmte Thai Massage in den Sinn. In den meisten Fällen allerdings ohne eine genaue Vorstellung von dieser zu haben. So ging es auch mir und daher mache ich mich auf, denn meine Neugier hat mich zu der Wiege der Thai Massage in den heiligen Wat Pho in Bangkok gelockt …
Dass Thai-Massagen keine Streichelmassagen sind, sondern eine ernsthafte Heilbehandlung, hatte ich bereits gehört. Daher ist mir auch ein wenig mulmig zumute, denn während ich zu meinem Masseur geführt werde, erwarte ich einen männlichen Thai mit Sumo-Ringer- Maßen. Als ich dann aber eine äußerst zierlichen Thaidame sehe, spüre ich eine Mischung aus Erleichterung und Mitleid für die - gefühlte drei Köpfe kleinere - Person.
Nichtsahnend freue ich mich noch über die rührend wirkende Nachfrage nach konkreten Beschwerden und beantworte diese so leichtsinnig wie wahrheitsgemäß mit „my neck hurts“. Dabei deute ich auf den entsprechenden Körperteil und lächle. Die Dame lächelt zurück - im Nachhinein bin ich mir der Freundlichkeit nicht mehr so sicher und denke eher an Hinterhältigkeit.
Ich lege mich also entspannt auf die Massagematte und genieße die ersten, wohltuenden Griffe an meinen Beinen, die vom vielen Laufen durch die Tempel Bangkoks doch etwas mitgenommen sind. Sie greift mein Bein, drückt ihren Fuß in die Innenseite meiner Oberschenkel und übt angenehmen Druck auf meine Adduktoren aus. Wie angenehm! In genau diesem Moment packt sie meine Fußgelenke, stemmt ihre Füße tief in meine Muskeln und wirft sich mit aller Kraft zurück! Das laut vernehmliche Knirschen meines (spätestens jetzt) lädierten Knies erhält ein angemessenes Echo durch mein erstauntes und gequältes Stöhnen.
Von diesem Moment an hat sich das Tempo und die Härte der Massage deutlich verändert. Meine Beine werden verdreht, wie sie es trotz einer langen Sportkarriere noch nie wurden. Knochen und Sehnen werden an ihre Belastungsgrenzen gebracht, ebenso wie meine Leidensfähigkeit.
Endlose, schmerzerfüllte Minuten später erreicht sie die Region meiner Halswirbel und mir kommen meine leichtsinnigen Worte von vorhin wieder ins Bewusstsein. Panik ergreift mich und ich hoffe inständig, dass die Thailänderin gefragt hat, um schonender vorgehen zu können und auf meine Schmerzen Rücksicht zu nehmen. Weit gefehlt! Ein entscheidender konzeptioneller Bestandteil der Thaimassage scheint die Schmerzbekämpfung durch noch mehr Schmerz zu sein!